Digitales Erbe: Sie haben Post
Wie Sie Ihren digitalen Nachlass zu Lebzeiten regeln
Was aber passiert mit den Profilen und Abonnements im Netz beim Tod eines Angehörigen? Ohne Regelung des digitalen Nachlasses, laufen Verträge, Mitgliedschaften und Onlineprofile weiter und können Kosten verursachen. Deshalb ist es sinnvoll, seinen digitalen Nachlass frühzeitig zu regeln.
Emails, Onlinebanking, soziale Netzwerke, Onlineshopping. Das Leben wird immer digitaler. Über 80 Prozent der Bundesbürger über 14 Jahren sind online. Im Durchschnitt verfügt jeder 14 bis 24 Jährige in Deutschland über knapp 7 verschiedene Accounts im Internet. Selbst bei den 55 bis 64 Jährigen sind es durchschnittlich fast noch drei Onlinekonten pro Kopf. Aber: Nur weniger als 10 Prozent der Internetnutzer, haben ihren digitalen Nachlass geregelt.
Was passiert mit den Konten in den sozialen Netzwerken im Todesfall? Sie laufen einfach weiter. Ohne Zugangsdaten haben Angehörige keine Möglichkeit, die Inhalte zu bearbeiten. Profile zu inaktivieren oder zu löschen ohne Zugangsdaten, kann schnell ein sehr aufwendiger und bürokratischer Weg für die Angehörigen werden. Außerdem können Monate vergehen, bis die beantragte Löschung des Profils des Verstorbenen umgesetzt ist. In der Zwischenzeit läuft die Kommunikation einseitig weiter. Freunde und Kontakte melden sich, beschweren sich über Passivität, Freundschaftsanfragen treffen ein und Geburtstagsgrüße werden gesendet oder Beschimpfungen in der Chronik als Kommentar gepostet. Eine schlimme Situation für die hilflosen Angehörigen.
Der einfachste Schritt seinen digitalen Nachlass zu regeln, ist das Anfertigen einer Übersicht der Profile samt Zugangsdaten. Diese sollte sicher verwahrt werden und im Todesfall den Angehörigen oder dem digitalen Nachlassverwalter zugänglich gemacht werden. Wenigstens der Zugang zum E-Mail-Account sollte hinterlegt werden, denn viele Passwörter lassen sich unter Angabe der verwendeten E-Mail-Adresse zurücksetzen.
Warum den digitalen Nachlass regeln?
Alle Rechte und Pflichten gehen auf die Erben über. Davon gibt es im Internet sehr viele. Der digitale Nachlass umfasst mehr als nur die Profile bei Facebook und Co. Immer mehr Verträge werden online geschlossen. Von der BahnCard, über die kostenpflichtige Mitgliedschaft in einem Netzwerk oder Verträge für Telefon, Strom, Heizung und Pay-TV. Auch die Amazon-Bestellung, die Kleinanzeige oder das Gebot bei eBay und Abonnements werden Teil der Erbmasse. Somit auch die Kosten, die durch solche Verträge, Abos oder Einkäufe entstehen.
Auch Guthaben können online - etwa in Spieleprofilen - schlummern. Zusätzlich können zum Beispiel YouTube Videos durch Werbung Einnahmen erwirtschaften. War der verstorbene Blogger und hat auf seiner Internetseite Produkte rezensiert, erwirtschaften seine dort platzierten "Provisionslinks" - sogenannte Affiliate Links - auch nach dem Tod noch Einnahmen. Auch diese gehören zum Erbe.
Erinnerungen retten
Auf den Servern und in den Clouds befinden sich oftmals für die Angehörigen noch sehr viel wertvollere Schätze. Nutzer dokumentieren einen Großteil ihres Lebens in digitalen Tagebüchern, Profilen und in der Playlist des Musikportals. Hinzu kommen digitale Fotos und Videos. Ohne Zugangsdaten haben die Angehörigen auch hier keine Chance, auf diese sehr persönlichen Erinnerungen zuzugreifen.
Ein weiterer Grund den digitalen Nachlass zu regeln, ist ein pragmatischer. Mit der klassischen Todesanzeige in der Tageszeitung erreichen die Hinterbliebenen heute besonders bei jüngeren Verstorbenen nur noch einen sehr kleinen Teil des Bekannten- und Freundeskreises. Soziale Netzwerke erlauben das globale Knüpfen von virtuellen Freundschaften und Geschäftskontakten. Mit einer Nachricht über diese Netzwerke, erreichen die Angehörigen schnell und unkompliziert das persönliche Netzwerk des Verstorbenen. So kann die Chronik des Toten schnell zum digitalen Kondolenzbuch werden und so einen wichtigen Beitrag zur Trauerarbeit leisten.
So regeln Sie Ihren digitalen Nachlass
Diese zehn einfachen Schritte helfen Ihnen bei der Regelung Ihres digitalen Nachlasses:
- Grundsätzlich: Zugang zu Ihrem Rechner
Ist Ihr Rechner passwortgeschützt? Dann sollten Sie Ihren Angehörigen unbedingt dieses Passwort zukommen lassen. Gleiches gilt auch für Handy und Tablet. - Vorbereitung: Überblick über die eigene Online-Identität verschaffen und aufräumen
Wo haben Sie Accounts? Sind alle noch aktuell? Wenn nicht, löschen Sie alte Accounts. - Übersicht anlegen
Stellen Sie eine Übersicht mit Accounts, Nutzernamen, Emailadressen und Passwörtern zusammen. So können Hinterbliebene direkt auf die Benutzerkonten zugreifen. - Kosten kennzeichnen
Kennzeichen Sie kostenpflichtige Mitgliedschaften und Abonnements. So wissen Ihre Hinterbliebenen, um welche Accounts Sie sich zuerst kümmern müssen. - Analog und sicher ablegen
Dieses Übersichtsdokument auf Ihrem Rechner zu speichern oder in einer Cloud abzulegen wäre sehr fahrlässig. Bei Verlust oder Datendiebstahl würde ein flächendeckender Schaden angerichtet. Schreiben Sie Ihre Zugangsdaten auf, oder speichern Sie sie auf einem Datenträger. Diesen können Sie zusätzlich verschlüsseln. Verwahren Sie die Übersicht sicher, gegebenenfalls in einem Bankschließfach. - Platz benennen
Der Verwahrungsort dieser Übersicht muss benannt werden. Bei Verschlüsselung muss auch das Masterpasswort bekannt sein. Teilen Sie ihn Familienangehörigen oder einer Vertrauensperson mit. Alternativ: Geben Sie Ort und Masterpasswort in ihrem Testament an. - Benennen Sie einen digitalen Nachlassverwalter
Benennen Sie eine Person, die sich um die Abwicklung Ihres digitalen Nachlass kümmert. Dafür reicht eine einfache Vollmacht. Diese kann ebenfalls beim Notar hinterlegt werden. - Was soll mit Ihren Accounts nach Ihrem Tod passieren?
Soll Ihre Facebook Seite gelöscht oder in den Gedenkstatus versetzt werden? Legen Sie schriftlich nieder, was mit Ihren Accounts passieren soll. Das Gleiche gilt für die Date auf PC, Tablet und Smartphone. - Vorsicht bei Fremdanbietern
Immer mehr Firmen bieten die Regelung des digitalen Nachlasses an. Bedenken Sie aber: Sie geben so sehr viele und persönliche Daten in fremde Hände. - Übersicht Aktualisieren
Halten Sie Ihre Übersicht auf dem aktuellen Stand. Falls Sie Passwörter verändern, aktualisieren Sie die Übersicht. Gleiches gilt für den Abschluss neuer Onlineverträge und das Anlegen neuer Profile.